Auch in der Arbeitswelt hatte die Digitalisierung zu weitreichenden Veränderungen geführt. Durch neue Möglichkeiten wie E-Mails und Online-Meetings wurden viele Jobs flexibel. Man konnte sich mit Menschen schneller vernetzen. Sogar das effiziente Arbeiten von zu Hause war möglich.
Heute muss niemand mehr zwingend einer traditionellen 40-Stunden-Woche nachgehen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Möglichkeiten erlauben es, unabhängig zu arbeiten. Wer möchte, kann auch zeitlich befristete Aufträge annehmen. Diese Art des Arbeitens nennt man auch Gig Economy.
Bereits seit Jahren gibt es diese Art von Arbeit, doch in den letzten Monaten stieg das Interesse an freiberuflichen Tätigkeiten und Nebenjobs an. Doch ist das ganze eine positive Entwicklung für den Arbeitsmarkt?
Gig Economy: Was ist das überhaupt?
Gig Economy stammt aus dem Englischen und bedeutet gig für „Auftritt“ und economy für „Wirtschaft“. Die Gig Economy ist ein Teil des Arbeitsmarktes, welcher aus Aufträgen für Freiberufler oder Nebenjobs besteht, während der klassische Arbeitsmarkt aus Festanstellungen und Vollzeitarbeit besteht.
In der Gig Economy gibt es eine Vielzahl unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern. Taxifahrer, Auslieferer für diverse Bestellungen, Bearbeitung von Dokumenten, Künstler/innen oder Mitarbeiter im technischen Kundendienst sind nur ein Bruchteil der dort gesuchten Arbeitskräfte. Es ist also nicht ausschlaggebend dafür, in welcher Branche man arbeitet, sondern dass man nur kurzfristige Jobs annimmt.
Menschen, die bereits anderweitig in einer Festanstellung sind, können trotzdem Teil der Gig Economy werden. Ein Nebenjob beispielsweise als Barkeeper/in oder Babysitter/in während man Festangestellt als Büroangestellte/r arbeitet, ist möglich. Das zeigt das Gig Worker meistens mehr Aufgaben erledigen, wie Vollzeitarbeiter in einem einzigen Unternehmen.
Namensherkunft
1915 nannten Jazzmusiker ihre Auftritte zum ersten Mal „Gigs“. Über Hundert Jahre später benutzen nicht mehr nur Musiker diesen Begriff, sondern auch Menschen mit einem ganz anderen beruflichen Hintergrund.
Heutzutage ist der Begriff „Gig“ in etwa mit „Projekt“ gleichzusetzen. Beide Begriffe betonen die Tatsache, dass die Arbeit, für die man engagiert wurde, zeitlich befristet und meist eine einmalige Tätigkeit darstellt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Auftragnehmer Musiker/in, Designer/in ist oder in einer völlig anderen Branche arbeitet.
Die Jobmöglichkeiten der Gig Economy
Die kreative Branche sowie die wissensintensiven Sektoren stellen den am schnellsten wachsenden Teil der Gig Economy dar. Nicht verwunderlich, wenn der Großteil der Unternehmen Werbeberater oder talentierte Texter für kurzfristige Arbeiten einstellen.
Moderne Tech-Unternehmen verhelfen der Gig Economy darüber hinaus zu schnellerem Wachstum. Sie sorgen dafür, dass sich Auftragnehmer und Auftraggeber schneller und effizienter miteinander verbinden können.
Es gibt drei Große Rollen in der Gig Economy:
- Auftragnehmer: Sie nehmen bestimmte Aufträge an oder werden für bestimmte Projekte angeheuert. Diese Arbeiten sind zeitlich begrenzt.
- Auftraggeber: Einzelpersonen oder Unternehmen welche kurzfristige Aufgaben ausschreiben wie z.B. Taxifahrer oder Webdesigner.
- Unternehmen: Hier verbinden sich Auftragnehmer direkt mit Auftraggeber. Gängige Beispiele hierfür sind Fiverr oder Uber.
Die Entwicklung
Um sich etwas dazuzuverdienen oder sogar ihr gesamtes Leben so zu finanzieren, wenden sich immer mehr Menschen der Gig Economy zu. Da der Einstieg in die Gig Economy relativ einfach ist, führte dies zu ihrem explosionsartigen Wachstum.
Wirtschaftskrise ab 2008
Ab 2008 wurden viele Menschen aufgrund der Wirtschaftskrise Arbeitsloslos. Dies führte zu einer exponentiellen Nachfrage nach Zeitarbeit. Denn Menschen suchten nach neuen Wegen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten oder aufzustocken.
Während andere neben ihrem Hauptberuf Minijobs annahmen, nahmen andere mehrerer neben- oder freiberufliche Tätigkeiten gleichzeitig an. Dies führte dazu, dass diese Form des Arbeiten Teil der heutigen Normalität wurde.
Aufstieg der digitalen Technologien
Durch das Internet ist es vielen Gig Workern möglich, weltweit Aufträge anzunehmen. Für viele Jobs spielt der geografische Standort keine Rolle mehr. Beispiele hierfür sind Copywriter oder SEO-Experten.
Immer mehr modernere Technologie haben für die Schaffung App-basierender Gig Economy-Plattformen gesorgt. Auf diesen können Auftraggeber direkt mit Auftragnehmern in Kontakt treten was die Arbeitssuche erleichtert. Bekannte Beispiele hierfür sind Uber und Airbnb.
Bewährung in Schwierigen Zeiten
Während der Pandemie zeigte sich, das Gig Economy ein wichtiger Bestandteil geworden ist. Sie sorgte mit ihrer Art für Normalität und dafür, dass gewisse Dienste auf Laufen gehalten werden können. Ohne diese wären sie Opfer der Krise geworden. Gute Beispiele hierfür ist die kontaktlose Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten. Aber auch Online-Lehrveranstaltungen haben gezeigt, das Gig Worker wichtig für den Arbeitsmarkt sind.
Viele Menschen haben sich aufgrund von Entlassungen oder Kurzarbeit der Gig Economy zugewandt, um ihr Einkommen zu ersetzen oder aufzustocken.
Es ist nicht mehr ungewöhnlich, wenn ein Mensch von einer Festanstellung in eine freiberufliche Tätigkeit wechselt. Meist wechselt er zugleich auch die Branche. Beispiele hierfür sind Eventmanager welche nun Online-Konferenzen organisieren und Texter, die nun für mehrere Kunden gleichzeitig arbeiten.
Während des Lockdowns der Pandemie waren es Gig Worker die für das Überleben so mancher Restaurants verantwortlich waren. Denn während Kellner und Barkeeper nicht benötigt wurden, mussten Lieferboten engagiert werden, um das Essen zu den Kunden zu befördern. Durch den Lieferservice war es möglich das Köche weiterhin angestellt bleiben konnten und Restaurants ihre Miete zahlen konnten. Durch viele Apps wie Deliveroo, Uber Eats oder Wolt entstehen weiterhin Jobs für Menschen welche Essen ausliefern wollen.
Vor- und Nachteile
Bei all den Vorteilen der Gig Economy, hat diese auch ihre Schattenseiten. Man sollte sich über beide Seiten der Medaille im Klaren sein, bevor man ein Teil dieser wird.
Vorteile
- Die eigene Work-Life-Balance lässt sich bequem anpassen.
- Jeder kann Teil der Gig-Economy werden. Die Fähigkeiten spielen dabei keine Rolle.
- Durch flexible Arbeitszeiten ist es meist auch möglich zu entscheiden, wann und wie lange man arbeitet.
- Man ist nicht nur an einen Ort gebunden und kann meist weltweit seiner Arbeit nachgehen.
- Es liegt an einem selbst, welche Aufträge und Projekte man annehmen möchte.
Nachteile
- Der Austausch mit Kollegen fällt bei den meisten Aufträgen weg.
- Dadurch das man Selbstständig arbeitet, fällt der Arbeitgeber weg, der für Rentenversicherung, Krankenversicherung, Krankenstand oder Urlaub aufkommt.
- Es gibt nur eine Minimale Arbeitsplatzsicherheit in Bezug auf Abfindungen oder Kündigungsfristen.
Auch sollte man sich im Klaren darüber sein, das man als Gig Worker meist nicht nur seine Arbeitskraft, sondern auch seine Infrastruktur zur Verfügung stellt. Beispielsweise das Fahrrad im Lieferdienst oder den eigenen Transporter, wenn man E-Scooter aufsammelt um diese am eigenen Strom aufzuladen.
Plattformen
Durch das rasante Wachstum der Gig Economy, steigt auch die Anzahl der Online-Plattformen. Diese ermöglichen es Gig Worker überhaupt erst, Aufträge anzunehmen. Auf ihnen werden Aufträge zwischen den Workern und den Menschen / Unternehmen vermittelt. Um sich selbst zu finanzieren, verlangen dieses Apps- und Plattformen für die Vermittlung eine geringe Gebühr.
Airbnb, Deliverro, Fiverr, Uber und Amazon sind nur einige dieser internationalen Plattformen und gehören weltweit mittlerweile zu den Unternehmen mit dem größten Umsatz.
Auch in Deutschland gibt es internationale Plattformen der Gig Economy, welche einen guten Umsatz generieren. Unter ihnen sind:
- Foodora (Lieferdienst für Essen)
- Foodpanda (Lieferdienst für Essen)
- Hermes Group (Zustellung und Versand an Privatpersonen)
- Blacklane (Chauffeur- Fahrdienstleistungen)
- Myhammer (Handwerkstätigkeiten / Haus- und Gartenbau)
- Fiverr (Grafikdesign, Marketing, Texter)
- 9flats (kurzfristig Unterkünfte mieten)
- Helping (persönliche Putzhilfen buchen)
- Wimdu (Ferienwohnungen und Ferienhäuser mieten)
Gig Economy: Die Zukunft der Arbeit?
Während einige Industrie- und Dienstleistungssektoren die Entwicklung der Plattformen als direkte Bedrohung sehen, finden andere darin die Chance zur Erschließung neuer Märkte.
Ein Mitbegründer von Helping betonte, dass sie sich mit ihrer Plattform nicht als Konkurrenz zu gewerblichen Reinigungskräften sehen. Vielmehr bieten sie mit haftpflicht- und unfallversicherten Putzkräften eine attraktive Alternative zum bestehenden Schwarzmarkt.
Eine Studie der University of Oxford fand heraus, dass das Durchschnittseinkommen selbstständiger Taxifahrer in den Vereinigten Staaten sich nach der Einführung von Uber erhöhte. Dies verdankte man zum großen Teil der effizienten Nutzung der Plattformen denn mit ihnen konnten die Wartezeiten zwischen Aufträgen verkürzt werden.
Diese Plattformen seien auch eine gute Möglichkeit, bestehende Flauten zu überbrücken. Positiv ist, dass meist keine oder geringe Qualifikationen vorausgesetzt werden. So können selbst Menschen eine Beschäftigung finden, welche auf dem traditionellen Arbeitsmarkt Probleme haben.
Die erlangte Flexibilität und die Möglichkeit einer besseren Work-Life-Balance, macht das Arbeiten als Gig Worker gegenüber der klassischen „Nine to five“-Anstellung attraktiv.
Es ist zu erwarten, das mit fortschreitender Digitalisierung und dem damit wachsenden Dienstleistungssektor der Bedarf nach flexiblen Beschäftigungsverhältnissen steigen wird. Daher ist die Gig Economy nicht als Konkurrenz bestehender Märkte, sondern als eine wirtschaftliche Entwicklung des bestehenden Arbeitsmarktes anzusehen.