Die meisten würden dazu nicht nein sagen: Jeden Monat Rund 1000€ vom Staat bekommen und das völlig ohne Bedingungen. Doch ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens eine gute Idee oder etwas, worauf wir dann doch verzichten könnten?
Was ist das bedingungslose Grundeinkommen?
Der Kerngedanke dieser sozialpolitischen Idee ist recht simpel: Jeder (in unserem Fall in Deutschland) erhält zum Beispiel monatlich unbefristet eine bestimmte Summe Geld. Wie der Name schon sagt, ist an diese Auszahlung keinerlei Bedingungen geknüpft. Nicht so wie es bei den momentanen Sozialleistungen der Fall ist.
Ziel des Grundeinkommens soll sein, den Beziehenden ein vernünftiges Leben zu ermöglichen in dem sie keine Angst haben zu müssen ihre Wohnung oder ihre Lebensmittel nicht mehr bezahlen zu können. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist damit auch gesichert.
Konkreteres gibt es darüber hinaus nicht. Nach wie vor ist die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens nicht geklärt. Auch stellt sich die Frage nach dem Zeitpunkt der ersten Auszahlung. Etwa bei der Geburt einer Person oder dem erreichen der Volljährigkeit. Ein weiteres Thema ist, was mit den bisherigen Sozialleistungen geschehen soll, wie etwa der Wegfall. Ebenso ist man sich uneinig darüber, ob etwa nur deutsche Staatsangehörige dieses Grundeinkommen beziehen dürfen.
Das Konzept des Gründers der Drogeriekette DM sieht zum Beispiel vor, dass nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens dieses spätestens 20 Jahre danach auf 1300€ bis 1500€ steigen soll. Der Wegfall anderer Sozialleistungen sowie der Erhöhung der Mehrwertsteuer sollen das Problem der Finanzierung lösen.
Pilotprojekt „Grundeinkommen“
Das Pilotprojekt „Grundeinkommen“ ist mittlerweile nicht mehr das einzige Experiment welches bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) an Deutschlands Bürger verlost. Meistens liegt der durch Crowdfunding oder anders finanzierte monatliche Betrag zwischen 1000€ und 1200€. Das Ganze ist jedoch keine reine Nächstenliebe. Die Initiatoren wollen damit einige der zahlreichen offenen Fragen im Bezug auf das BGE untersuchen und hoffentlich zufriedenstellend klären.
- Wie gehen Menschen mit geschenkten Geld um?
- Macht dieses zusätzliche Geld die Menschen Glücklich?
- Fördert das bedingungslose Grundeinkommen Faulheit?
- Wer geht trotzdem weiterhin einem geregelten Job nach?
Bei einer Auszahlen an jede Menschen in Deutschland in Höhe von 1000€ Monatlich als bedingungsloses Grundeinkommen, würde dies Jährlich eine Summe von knapp einer Billion Euro voraussetzen. 2020 etwa kosteten alle sozialstaatlichen Leistungen (Arbeitslosengeld, Rentenversicherung, Ausbildungsförderungen) 1,1 Billionen Euro.
Dies heißt jedoch nicht, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die Kassen entlasten würde. Bei Menschen die spezielle Pflege oder ähnliches Benötigen, müsste weiterhin zusätzlich Geld aufgebracht werden.
Bisher werden zur Finanzierung zwei sehr unterschiedliche Konzepte diskutiert. Das eine sieht eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf bis zu 50 Prozent vor. Im zweiten Konzept wird über die Erhöhung der Einkommenssteuer gesprochen, etwa durch eine negative Einkommenssteuer.
Deutschland und das bedingungslose Grundeinkommen
Befürworter und Gegner sind sich in einer Sache einig: Das bedingungslose Grundeinkommen würde die sozialpolitische Struktur des Landes durcheinanderwürfeln. Es ist davon auszugehen, dass dies diverse wirtschaftliche und politische Effekte nach sich ziehen würde.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen ergab, dass 58 Prozent diesem positiv gegenüberstünden. Weitere Studien ergaben etwa das gleiche Bild. Die meiste Zustimmung dafür wird vor allem in den neuen Bundesländern gezählt. Viele von ihnen sind junge gebildete Menschen mit einem niedrigen Einkommen.
Deutschland wäre frühstens 2040 bereit, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, so Ökonom Thieß Petersen von der Bertelsmann Stiftung. Er möchte die fehlenden Arbeitskräfte durch Maschinen und Roboter ersetzen.
In der Politik ist das BGE in einer parteiübergreifende Minderheitenposition. Zwar haben Parteien wie die Grünen oder die Linken selbst Konzepte erarbeitet, zu finden ist in ihrem Wahlprogramm davon allerdings nichts. Die PFD lehnt das bedingungslose Grundeinkommen ab, weil sie darin einen Zuwanderungsmagnet sehen.
Die Gegenwart zeigt ein klares Negativbild des Sozialstaates. Hartz IV Empfänger müssen sich für alles Rechtfertigen was zu Verunsicherung zu Misstrauen führt. Daraus resultiert eine Reduzierung der individuellen Eigenständigkeit. Der Motivation sein Leben selbst zu gestalten, wird durch Angst, Not, Stress sowie Druck entgegengewirkt.
Vor- und Nachteile
Auch wenn das BGE bereits erprobt wird, sind die bisherigen Fakten dünn gesät. Ein wichtiger Grund dafür ist die begrenzte Anzahl an Teilnehmer: innen sowie die Zeitliche Befristung.
Vorteile
- Wegfall von Existenzangst: Bei einem monatlichen BGE von 1200€ würde die Angst vor einem möglichen Jobverlust wegfallen. Man wäre finanziell abgefedert und nicht von Armut bedroht.
- Mehr Freiheit: Das BGE scheint für viele als ein Sicherheitsnetz zu fungieren. Damit würden sich mehr Menschen trauen, Zeit mit Familie, Hobbys oder Ehrenämter zu verbringen. Auch würden sich so mehr Menschen weiterbilden.
- Gesündere Psyche: Ein Modellversuch in Finnland zeigte, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Reduzierung von Stress beiträgt. Die Beziehenden sind zudem zufriedener und haben mehr Selbstvertrauen.
- Reduzierte Bürokratie & Wegfall von Vorurteilen: Das ausfüllen dutzender Formulare zum Erhalt von Hartz IV würde entfallen. Ebenso die aufgezwungenen Bewerbungen. Die Abgrenzung von Hartz IV Empfängern in der Bevölkerung würde damit automatisch wegfallen.
- Abfederung von wegfallenden Arbeitsplätzen: Immer mehr Arbeitsplätze fallen der stetig wachsenden Digitalisierung zum Opfer. Dieser Verlust des Arbeitsplatzes könnte durch das BGE aufgefangen werden.
Nachteile
- Sinkende Arbeitsmotivation: Die meisten Gegner des BGE sehen die Gefahr, dass niedrig bezahlte Jobs nicht mehr attraktiv genug sind, wenn jeder Monatlich ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten. Zum Beispiel in der Reinigungsbranche.
- Weniger statt mehr Gerechtigkeit: Was für viele wohl zum Leben reichen würde, könnte für etwa Menschen mit schweren Behinderungen nicht ausreichen. So würde es ihnen trotz BGE nicht anders ergehen als ohne.
- Ärmere Menschen benachteiligt: Nach dem Wegfall von den üblichen Sozialleistungen, werden etwa Menschen aus der Unterschicht weniger Geld zur Verfügung stehen. Dazu würden sie gezwungen werden, dieses Geld durch Arbeiten mit geringeren Löhnen aufzustocken.
- Stigmata bleibt: Das BGE wurde nichts an der Ausgrenzung von Arbeitslosen ändern. Deutschland ist eine Arbeitsgesellschaft und dort hängt der soziale Status an der Berufstätigkeit.
Das BGE in anderen Ländern
Das ein bedingungsloses Grundeinkommen Erfolg haben kann, zeigen unter anderem Experimente in den USA und Finnland. Es führte zu einer besseren Gesundheit, Schuldenabbau, produktiveren Arbeit sowie harmonischeren Beziehungen.
Die Experimente entkräften einige der Kritikpunkte gegenüber dem BGE. So verschwendeten Beziehende nicht ihr Grundeinkommen. Auch verweigerten sie keine Arbeit. Sie waren im Gegensatz offener für die eigene Selbstentfaltung und zeigten persönliches Engagement.
Die Krisen der letzten Jahre hat dem Diskurs um das bedingungslose Grundeinkommen einen neuen Schub gegeben. Was zum Beispiel vor der Corona Pandemie exotisch klang, so ist es inzwischen im Alltag vieler Menschen angekommen.
Eine bessere Welt?
In sämtlichen Konzepten, welche auf der gesamten Welt existieren, liegt im Kern die gleiche Frage verankert: Wie können wir die Arbeit der Zukunft positiver für uns gestalten? Wir wollen im Gegensatz zu heute, mit mehr Begeisterung und Würde an unsere Arbeit gehen. Weg von der Arbeit allein zur Erhaltungszwecken.
Eine Welt in der nicht die Ökonomie, sondern nachhaltige und konviviale Lebensformen oberste Priorität haben, wird von dem bedingungslosen Grundeinkommen gestützt. Die Betreuung von Kindern und Älteren soll mehr Wert bekommen. Bisher unbezahlte Pflege Arbeiten erhalten mit dem BGE eine Aufwertung.
Erst wenn Menschen nicht mehr Angst um ihre eigene Existenz haben müssen, sind sie dazu in der Lage ihren Inneren sozialen Werten zu folgen und etwas für die Gemeinschaft beizutragen. Denn finanzielle Absicherung fördert Selbstvertrauen und Selbstbestimmung.
Mit dem Grundeinkommen könnten Berufe, die heute schlecht bezahlt werden, jedoch Systemrelevant sind, wie Pflegeberufe, für die Menschen relevanter werden. Egal in welchem Sektor, das bedingungslose Grundeinkommen würde einen riesigen Impact auslösen. Die Diskussionen Rund um das BGE werden in den kommenden Jahren wohl zunehmen. Es ist dabei wichtig, dass sich die Politik zu diesem Thema positioniert.
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