Beyond plastic, denn die riesigen Berge aus Plastikmüll machen es deutlich: Wir leben in einer „Plastikzeit“. Zwar ist die Einsicht bei den meisten angekommen, dass wir endlich handeln müssen, doch ist die radikale Wende der Abfallproduktion noch nicht in Sicht.
Fakten, Fakten, Fakten
Neben der Tatsache das Verpackung das Produkt im inneren gegen äußere Einflüsse schützt, kann es die Kaufentscheidung positiv beeinflussen. Doch es gibt auch erschreckende Fakten über Plastik, welche das Verpackungsmaterial in ein kritisches Licht rücken lassen.
- Plastik überlebt uns alle. Die Langlebigkeit reicht von 450 Jahren bis „für immer“.
- Der Müll an Stränden überall auf der Welt besteht zu 73% aus Plastik. Darunter viele Plastikflaschen, Verpackungen, Tüten, Flaschenverschlüsse sowie Styropor.
- Fast eine Millionen Getränkeflaschen aus Kunststoff werden weltweit pro Minute verkauft.
- Während die Plastikproduktion 1950 noch bei 2,1 Mio. Tonnen lag, liegt sie heute bei über 40 Mio. Tonnen im Jahr.
- Die größte Verwendung findet Plastik in der Herstellung von Verpackungsmaterial. Der über die Hälfte des weltweit produzierten Plastikmülls wird zum Großteil nie recycelt oder verbrannt werden.
Neben diesen Fakten ist es für viele beängstigend, dass Mikroplastik-Partikel über Umwege in unserer Nahrung landet. Denn sie sind von Kosmetika bis Babywindeln überall vorhanden was wir zu unseren täglichen Gebrauchsartikeln zählen. Da diese Partikel anders wie Plastikflaschen nicht einfach eingesammelt werden können, sehen wir sie als unmittelbare Bedrohung für unser eigenes Leben an.
Langsam kommt die Einsicht
Das Plastik rückt seit einigen Jahren immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Einen großen Teil dazu bei, trug der österreichische Film „Plastic Planet“ von Werner Boote. Dieser Film thematisierte beispielsweise die Auswirkungen auf die Gesundheit von Schadstoffen und Weichmachern in Plastikflaschen.
Das EU-Parlament verabschiedete 2019 die Plastikstrategie, welche das Bewusstsein der Konsumenten stärken soll. Doch nicht nur die Verbraucher werden zum Umdenken geleitet. Hersteller sind auf der Suche nach Alternativen zu herkömmlichen Plastikverpackungen. Schon jetzt existieren einige vielversprechende Produkte und Lösungen.
Beyond Plastic
MakeGrowLab, ein polnisches Start-Up entwickelte unter der Leitung der Designerin Roza Janusz eine Alternative zur Plastikverpackung aus Kunststoff. Sie tauften es Scoby (Symbiotic Culture of Bacteria and Yeast). Diese Verpackung besteht aus Fermentierung gewonnene Membran aus agroindustriellen Nebenprodukten. Dieses kann nach Gebrauch entweder komplett kompostiert oder sogar gegessen werden.
Das in der Herstellungsmethode dem traditionellen Gärprozess für Kombucha oder Kefir ähnelnd, eignet sich für Obst, Gemüse oder Salaten. Nicht nur das Scoby genau wie Plastik durchsichtig ist, kann es auch einfach in eine beliebige Form gebracht werden. Zudem absorbiert es Gerüche was in der Lebensmittelindustrie ein großer Pluspunkt ist.
Bisher ist der Prototyp von Scoby nur für Testzwecke erhältlich. MakeGrowLab ist allerdings fleißig dabei, den Herstellungsprozess für eine industrielle Fertigung weiterzuentwickeln.
Plastik-Paradox
Das der Wunsch nach weniger Plastikverpackung unseren anderen Wünschen im Wege steht, wird uns meistens erst später bewusst. Ein Beispiel hierfür ist der Wunsch nach natürlichen Lebensmitteln bei denen Hersteller sowie Händler versuchen möglichst auf die meiste Verpackung zu verzichten. Dabei gibt es jedoch ein Problem. Denn je natürlicher ein Lebensmittel verarbeitet wird, desto aufwendiger müsste es verpackt werden damit es länger haltbar bleibt.
Die Gurke in der Plastikfolie ist dabei ein gutes Beispiel. Was vor wenigen Jahren noch ein festes Bild im Supermarkt war, ist heute aus dem Handel verschwunden. Da die Reise aus dem Süden für die Früchte viel zu lange dauert, landen viele von den spanischen Salatgurken auf dem Müll. Auch wenn jetzt weniger Plastikverpackung genutzt wird, ist die Verschwendung von Lebensmittel in der Ökobilanz schlimmer geworden.
Dennoch gibt es keine Zukunft, die uns wieder zurück zur Folie bringt. Auch weil die Bundesrepublik an der Spitze der EU-Länder mit dem meisten Verpackungsmüll steht. Gründe dafür sind vielfältig. So trägt der stetig wachsende Online-Handel dazu bei, genau wie der Trend nach „To-go“ Nahrung (Essen und Trinken aus Plastik-, Papp- und Styroporbehältnissen). Laut der Statistik verursacht jeder Deutsche 220,5 Kilogramm Verpackungsmüll. 25 davon sind Plastik.
Die Umfrage, die im Auftrag des Deutschen Verpackungsinstituts e.V. durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass der Verzicht beim Kauf eines Produktes schon entscheidend sein kann. 70% der Befragten gaben an, schon mindestens einmal ein Produkt nicht gekauft zu haben, da es keine nachhaltige Verpackung aufwies. Jeder fünfte Befragte macht dies sogar regelmäßig.
Das Ende für Trinkhalme
Seit 2021 wurden die Trinkhalme aus Plastik aus der EU verbannt, was dringend notwendig war. Täglich landeten Milliarden dieser Einweg Dinger nach ihrem kurzen Gebrauch im Müll. Es gibt aber bereits zahlreiche Alternativen. So wie wiederverwendbare und Spülmaschinen feste Trinkhalme aus Glas oder Edelstahl. Wer kein Interesse an dem erneuten Verwenden hat, kann auch zu den essbaren Trinkhalmen aus nachwachsenden Rohstoffen greifen.
Wisefood zum Beispiel bietet Trinkhalme aus Apfelfasern, Stevia und Getreide an. Die Herstellung benötigt Apfelrester welches ein Abfallprodukt aus der Apfelsaft-produktion ist. Dabei haben die Halme einen süßen und leicht sauren Geschmack. Ähnlich wie die Vertreter aus Papier, werden sie weicher, je länger sie im Getränk bleiben.
Es ist egal, zu welchen Alternativen Trinkhalmen man greift. Eine nachhaltigere Variante zu den bisherigen Plastik Halmen sind sie allemal.
Weitere Alternative Lösungen
Vor der Herausforderung, alternative Verpackungen zu finden, steht die Food-Branche. Für innovative Ideen sorgen hier meist Start-Ups mit nachhaltigen Verpackungen bis hin zu verpackungsfreien Systemen. Hier einige interessante Konzepte:
- Der Keks-Becher: In der Bundesrepublik werden etwa 2,8 Miliarden Coffe-To-Go-Becher Jährlich verbracht. Eine nachhaltige Alternative bietet der Keks-Becher, welchen man zusammen mit seinem Kaffee essen kann. Dabei ist der Becher aus wärmebeständiger Getreide- Waffel so konzipiert, dass etwa 40 Minuten keine Flüssigkeit entweichen kann. Dabei hat der Becher keinen Einfluss auf den Geschmack des Getränkes. Sollte man ihn nicht mitessen wollen, so wird aus ihm innerhalb weniger Wochen Kompost.
- Essbare Eislöffel: Spoontainable, ein Stuttgarter Start-Up hat einen essbaren Eislöffel entwickelt. Mit dieser Idee könnten viele der über 360 Millionen jährlich nach ihrem einmaligen Gebrauch weggeworfenen Eislöffel eingespart werden. Ihre Esslöffel basieren auf pflanzlichen Basisstoffen welche ansonsten kaum Verwendung findet. Der Großteil sind Kakaofasern aus der Kakaoschale, welche meist als organische Reststoffe überbleiben.
Ohne Verpackung einkaufen…
Auch wenn es mittlerweile immer mehr Läden gibt, welche das Einkaufen ohne Verpackung anbieten, so nutzen noch nicht viele den Trend in den Supermarkten einzukaufen, welche ihre Lebensmitteln ganz ohne Verpackung anbieten. Jeder Kunde bringt dabei seine eigenen Behälter zum Einkauf mit. Wer es gerne einmal ausprobieren möchte, kann in so gut wie jedem Supermarkt aber auch die passenden Behälter vor Ort erwerben. Das diese Idee gut ankommt zeigt die Bereitschaft. Denn Acht von zehn Kunden wären bereit auf die Verpackungen beim Einkauf zu verzichten.
Die Bio-Supermarktkette Basic startete unter dem Motto „Mehrweg statt Einweg“ den Testbetrieb einer neuen Abfüllstation für Wasch- und Reinigungsprodukte. Während eines einjährigen Testzeitraums konnten damit knapp 800 Waschmittelflaschen der Marke Sodasan ein einer Filiale eingespart werden. Da die Nachfrage nach solchen Abfüllstationen so groß war, beschloss man das Konzept auf alle Münchner Standorte auszuweiten.
… geht auch Online!
Die ältere Generation wird sich noch daran erinnern: morgens lieferte der Milchmann seine Milch in Mehrwegflaschen. Zum Nachfüllen holte er diese am Nachmittag wieder ab. Loop fand für diese Milchmann-Idee eine moderne Version. Sie erschufen eine Einkaufsplattform, welche die Verpackung des täglichen Bedarfs in haltbare Designs mit vielen Funktionen verwandelt. Auf dieser Plattform können die Markenprodukte zahlreicher bekannter Hersteller wie beispielsweise Häagen-Dazs und Hellmann´s bestellt werden. Diese werden in, von Loop zur Verfügung gestellten wiederverwendbaren Behältern geliefert. Ähnlich wie die Milchflaschen werden diese nach der Verwendung wieder abgeholt, hygienisch gereinigt um anschließend erneut befüllt werden zu können.
Dabei kosten die Produkte nicht mehr wie diese, welche man in herkömmlichen Behältern in den Supermärkten erwerben kann. Der Transport zum Kunden sowie zurück zum Lager erfolgt in speziellen Kühltaschen. Diese machen Karton- und Styropor-Kisten mit Kühlelementen überflüssig.
Es zeigt sich, dass sich die Zukunft der Verpackungen in mehreren Ebenen bewegen wird. Wo es geht, wird komplett auf sie verzichtet. Zudem werden Alternativen in der Herstellung erprobt. Was sich am Ende durchsetzen wird, lässt sich allerdings nicht eindeutig sagen. Doch eines ist schon lange klar: Verpackungen, besonders in der Food-Branche, müssen nachhaltiger werden.
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