Keine Inhalte/Widgets in dieser Seitenleiste vorhanden.
girl g3ce311452 1920

Germophobia, die Angst sich mit Viren, Bakterien und Ähnlichen anzustecken, äußert sich in einem extremen Vermeidungsverhalten. Meist kommt sie mit Wasch- und Putzzwängen einher.

Germophobia: Begriffserklärung

Germophobia ist auch bekannt als Mysophobie, Verminophobie, Germaphobie, Bacillophobie sowie Bakteriophobie. Misophobie kommt aus dem altgriechischen und bedeutet auf Deutsch „Unsauberkeit, Verunreinigung“ sowie „Furcht“.

Das erste Mal tauchte der Begriff im Jahr 1879 auf. William A. Hammond beschrieb damit einen Fall von Zwangsstörungen welcher sich beim Patienten durch wiederholtes Händewaschen kristallisierte. Daher wird diese Art der Zwangsstörung auch oft mit dem wiederholten Händewaschen in Verbindung gebracht.

Germophobia kann sich allerdings mit diversen Anzeichen und Symptomen äußern.

  • Angst vor Körperkontakt (besonders mit Fremden)
  • Übermäßiges wiederholtes Händewaschen
  • Angst, krank zu werden
  • Der eigene Körper und die eigene Umgebung wird übermäßig gereinigt und desinfiziert
  • Persönliche Gegenstände werden nicht geteilt
  • Meidung von Menschenmassen oder Tieren
  • Angst vor Ansteckung von Kindern
  • Orte, welche eine hohe Präsenz von Keimen enthalten könnten, werden gemieden

Zu diesen Anzeichen von Germophobia können Symptome wie übermäßiges Schwitzen, Atembeschwerden, eine erhöhte Herzfrequenz und Panikzustände kommen, sollten die Betroffenen für sie übermäßige Reize ausgesetzt sein.

Germophobia: Ursachen

In Familien, in denen Angstzustände oder Depressionen vorkommen, haben Menschen ein erhöhtes Risiko an einer Phobie zu erkranken. Auch kann ein traumatisches Erlebnis ausschlaggebend sein, um diese Zwangsstörung zu entwickeln. Eine zunehmende Verwendung von Hygieneartikeln wie Toilettensitzabdeckungen und Händedesinfektionsmitteln haben laut einigen Experten in den USA zu einem Anstieg dieser Zwangsstörung geführt.

Die sozialen Kontakte sinken

Da das zwanghafte Reinigen meist ritualhaft durchgeführt wird, hat dies viele Auswirkungen für die Betroffenen, da dies viel Zeit in Anspruch nimmt. Damit werden zwangsläufig soziale, familiäre sowie berufliche Dinge vernachlässigt. Die Angst vor Ansteckung und Verschmutzung macht es ihnen auch unmöglich, Pflanzen zu kaufen oder Haustiere zu halten. In einigen Fällen geht es sogar so weit, dass sie jeden Körperkontakt bis hin zu intimen Beziehungen meiden. Meist werden Angehörige auch dazu angehalten, sich gemäß ihren eigenen Vorstellungen von Hygiene anzupassen.

Nicht nur dass die Betroffenen nur anziehen, was sie selbst für hygienisch rein halten, der übertriebene Einsatz von Seifen und anderen Putzmitteln schadet zudem ihrer Haut.

Auch mit ihren Vorsichts- und Präventivmaßnahmen fühlen sich Betroffene immerzu von Schmutz und Bakterien bedroht. Das führt häufig zu Ekel, Angst und Panikzuständen. Zwar reduziert das Waschen und Putzen für einen kurzen Moment die negativen Emotionen, jedoch hält dies nicht lange an. Anzeichen wie angst und Stress, Herzrasen, Schweißausbrüche, Kurzatmigkeit und Schwindelgefühle treten auf.

Germophobia
©Couleur auf Pixabay

Germophobia kann sich auch als Angst vor geistiger und psychischer Beschmutzung manifestieren. Diese kann beispielsweise infolge eines emotionalen oder körperlichen Traumas auftreten. Auch könnte eine persönliche Krise die Ursache sein. Im Gegenteil zum Waschzwang, liegt hier keine reale existierende Verunreinigung vor. Das Kontaminationsgefühl kann durch Gedanken, Taten, Worte und durch Interaktionen mit anderen Personen ausgelöst werden. Besonders wenn der Gegenüber den Betroffenen beleidigt, anlügt oder ihm sogar Gewalt antut. Es reicht meist aus, wenn sie darüber lesen oder hören, dass jemand etwas Unschickliches, Unmoralisches oder Kriminelles tut. Einige sind zudem überzeugt, dass sich böse Gedanken, Worte und Taten auf sich selbst übertragen. Daher würden sie nie in einem Haus leben wollen, in dem eine Gewalttat verübt wurde.

Religion kann ebenso der Auslöser für die Angst innerer Verschmutzung darstellen. Die Gläubigen verweigern sich daher den Konsum bestimmter Medien, Nachrichten und Darstellungen. Doch nicht nur von außen kann eine Mentale Kontamination hervorgerufen werden. Der Betroffene selbst kann diese beispielsweise durch negative Gedanken, Fantasien oder Erinnerungen hervorrufen.

Menschen, die sich vor einer mentalen Kontamination fürchten, haben meist ein ausgeprägtes Moralverständnis. Zudem sind sie sensibel und leicht kränkbar.

Zwangsgedanken

Die Betroffenen verfügen meist über keine Copingstrategien, welche sie mit den Negativen Dingen in der Welt akzeptabel umgehen lassen. Dies wird erschwert, dass es keine wirksamen Regulationsmöglichkeiten für ihre Zustände und Emotionen gibt. Bei dieser Art der Zwangsstörung helfen das Waschen der Hände oder das Putzen der Wohnung nicht weiter. Daher laufen sie Gefahr, depressiv und verbittert zu werden und sich zurückzuziehen. In einigen Fällen werden suizidale Gedanken erkennbar sowie ein Hass auf die gesamte Menschheit.

Im Gegensatz zur Angst vor Ansteckung, welche sich im Putz- und Waschzwang äußert, ist die mentale Angst vor Ansteckung weniger erfolgreich behandelbar. Da wenig über die Art der Erkrankung bekannt ist, gibt es auch keine Standardtherapien. Der therapeutische Ansatz des kanadischen Psychologen Stanley Rachman von der University of British Columbia gilt jedoch als vielversprechend. Dabei helfen sie beispielsweise den Patienten dabei, ihre moralischen Standards zu ändern. Auch werden Zwangsgedanken versucht umzudeuten damit diese weniger bedrohlich wirken. Leider wurde diese Methode bisher an zu wenigen Menschen getestet, um eine genauere Wirksamkeit zu prognostizieren.

Zwangsstörungen und die Pandemie

Seit der Corona Pandemie dürfte die Angst vor Keimen und Viren einen neuen Höhepunkt erreicht haben. Seitdem gehören das ständige Desinfizieren und Händewaschen auch bei Menschen, die bisher an keiner Zwangsstörung litten, zum Alltag. So ergab eine forsa-Umfrage der KKH, dass sich mittlerweile 93 Prozent nach dem Nach-Hause-Kommen die Hände waschen. Dazu haben wir uns isoliert und soziale Kontakte so gut es ging vermieden.

Doch entwickeln wir daraus direkt eine allgemeine Angst vor eine Ansteckung? Entwarnung gibt die Beraterin bei der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V. Julia Völker. Sie hat durch ihr Arbeit kaum davon gehört, dass die Pandemie Auslöser für solche Zwangshandlungen ist. Bei den Patienten, welche während der Pandemie eine Zwangshandlung entwickelt haben, war diese bereits vorher vorhanden. Ganz ausschließen kann sie es jedoch nicht.

Die Studie des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf macht jedoch deutlich, dass es über die ersten drei Monate der Pandemie speziell für Waschzwangsymptome einen leichten Anstieg gab. Aber auch für Sammel- und Ordnungszwänge. Dabei sei die Anzahl jedoch so gering, dass diese nicht von klinischer Relevanz seien.

Bei Patienten, welche bereits an einer Zwangsstörung litten, führte die Pandemie allerdings zu einem verstärkenden Effekt. Dies wies eine UKE-Studie aus 2020 nach. Dort konnte gezeigt werden, dass die Belastung bei Menschen mit Zwängen seit Beginn der Pandemie zugenommen hat. Auch im weiteren Verlauf der Pandemie wurden Befragungen durchgeführt. Diese Daten sind jedoch noch nicht veröffentlicht.  Gezeigt habe sich dabei allerdings, dass die generelle Belastung wieder abnahm. Bei Menschen mit Waschzwängen hielt sie jedoch an.

Da es sich jetzt um reelle Gefahren handelte, wenn man keine ausreichenden Hygienemaßnahmen durchführte, triggerte Betroffene zusätzlich. Dadurch wurden ihre Zwänge verstärkt.

Auslöser der Zwangsstörung

Häufig tritt die Erkrankung bei jungen Erwachsenen und im späteren Jugendlichenalter auf. Denn dann verändert sich viel und Unsicherheit sowie Ängste treten an die Oberfläche. Auch genetische Faktoren, die Erziehung oder traumatische Ereignisse können eine Zwangsstörung auslösen. Beispielsweise neigen Kinder die überbehütet aufwachsen, eher zu späteren Zwangsstörungen.

cleaning 268126 960 720
©Michal Jarmoluk auf Pixabay

Waschzwänge, die mit der Germophobia auftreten, können mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandelt werden. Expositionsübungen wie das Anfassen einer Türklinke, ohne sich danach die Hände zu waschen, gehören zu dieser Therapie. Damit werden kleine Schritte getan, um die Ängste, welche die Patienten plagen zu überwinden.

Genaue Zwahlen, wie viele Menschen in Deutschland an Germophobia leiden, gibt es nicht. Fest steht nur, dass Wasch- und Kontrollzwänge die häufigsten diagnostizierten Zwangsstörungen sind. Nicht nur dass die Dunkelziffer wohl sehr hoch ist, die Grenze zwischen Personen mit Waschzwang und einfach nur überaus hygienischen Menschen ist fließend.

Hier gibt es mehr interessante Artikel.