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Europawahl 2024, European elections 2024

Gewinner und Verlierer

Nach der Auszählung aller Wahlkreise erreicht die Union 30 Prozent der Stimmen. Die AfD wird zur zweitstärksten Partei, und in den ostdeutschen Bundesländern ist sie sogar die stärkste Kraft. Für die Grünen endet der Wahlabend in einer Katastrophe.

Union gewinnt deutlich

Die Union hat die Europawahl in Deutschland deutlich gewonnen und liegt weit vor der AfD, die den zweiten Platz belegt. Laut der Bundeswahlleiterin erreichten CDU und CSU zusammen 30 Prozent der Stimmen, wie sie am frühen Montagmorgen nach Auszählung aller 400 Kreise auf ihrer Homepage mitteilte. Die AfD konnte sich deutlich auf 15,9 Prozent verbessern.

Die in Berlin regierenden Koalitionsparteien haben bei der Wahl deutliche Verluste hinnehmen müssen. Die SPD fiel auf 13,9 Prozent, ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl. Die Grünen erlitten einen noch stärkeren Rückgang auf 11,9 Prozent. Die FDP verlor leicht und kam auf 5,2 Prozent. Das neu gegründete linke Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erzielte aus dem Stand 6,2 Prozent, während die Linke 2,7 Prozent erreichte. Auch kleinere Parteien wie die Freien Wähler, Volt, Die Partei, ÖDP, Tierschutzpartei und Familienpartei erhielten Mandate.

„Es ist ein enttäuschender Abend für uns,“ sagte die SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley im ZDF. „Es ist klar, dass wir keinen Rückenwind aus der Bundespolitik hatten.“ Ähnliche Töne hörte man bei den Grünen: „Wir müssen unsere gute Politik, die wir manchmal machen, stärker in den Vordergrund stellen,“ meinte der Ko-Vorsitzende der Partei, Omid Nouripour, im ZDF. „Wir müssen Ergebnisse liefern.“

Schwere Niederlage für die Ampel-Koalition

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bezeichnete das Wahlergebnis als „Desaster“ für die Ampelparteien. „Es braucht einen Politikwechsel in Deutschland“, sagte er in Berlin. „Es kann nicht so weitergehen wie in den letzten zweieinhalb Jahren.“ Laut Merz schadet die Ampel-Koalition dem Land, besonders in der Wirtschafts- und Migrationspolitik, und es sei eine Kurskorrektur nötig. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu auf, die Vertrauensfrage zu stellen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte den Unionsparteien herzlich zu ihrem Erfolg. „Wir sind begeistert von eurem Ergebnis,“ sagte sie am Sonntagabend. Jetzt müssen wir das in Europa wiederholen.“ Sie zeigte sich zuversichtlich, dass dies gelingen werde.

Von der Leyen ist als Spitzenkandidatin der Konservativen bei der Europawahl angetreten und möchte eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission erreichen. Während des Wahlkampfs wurde sie dafür kritisiert, dass sie eine Zusammenarbeit mit ultrarechten Parteien nicht klar ausgeschlossen hat.

Europawahl 2024, European elections 2024

AfD Gewinner in Ostdeutschland

Bundesweit wird die AfD hinter der Union zur zweitstärksten Partei. Mit knapp 16 Prozent liegt ihr Ergebnis deutlich über dem von vor fünf Jahren. Umfragen vor der Europawahl hatten sie zeitweise bei bis zu 20 Prozent gesehen. Kürzlich hatte die Parteiführung ihrem Spitzenkandidaten Maximilian Krah wegen verharmlosender Aussagen zur SS untersagt, im Wahlkampf aufzutreten.

In mehreren ostdeutschen Bundesländern wurde die AfD bei der Europawahl zur stärksten Kraft. Der Co-Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, nannte das starke Abschneiden seiner Partei im Osten in der ARD einen „Rückenwind für die Landtagswahlen im Osten“. Auch die Co-Vorsitzende Alice Weidel erklärte, dass der Erfolg darauf zurückzuführen sei, dass die Menschen insgesamt kritischer gegenüber Europa geworden sind.

Auch Sahra Wagenknecht zeigte sich erfreut über den Erfolg ihrer neu gegründeten Partei BSW. „Ich bin so erleichtert und freue mich riesig über dieses Ergebnis. Dass eine Partei aus dem Stand so schnell tatsächlich bei einer bundesweiten Wahl über fünf Prozent erreicht, gab es überhaupt noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik“, sagte Wagenknecht in der ARD.

Ihre ehemalige Partei, die Linke, musste dagegen Verluste hinnehmen und erreichte weniger als drei Prozent. „Was mich an diesem Abend besonders schockiert, ist dieser historische Rechtsruck, den wir erleben“, sagte Carola Rackete, Spitzenkandidatin der Linken für die Europawahl, in der ARD. Auch Politiker von SPD und Grünen zeigten sich ähnlich bestürzt über das gute Abschneiden der AfD.

Bei der Wahl zum Europaparlament gibt es keine Sperrklausel, daher können neben der Linken auch kleinere Parteien auf Sitze im Europaparlament hoffen. Dazu gehören unter anderem die Freien Wähler, Volt, die Satirepartei Die Partei, die Tierschutzpartei, die Familienpartei und die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP).

Die Wahlbeteiligung

Rund 65 Millionen Wahlberechtigte in Deutschland waren aufgerufen, ein neues Europaparlament zu wählen – darunter auch etwa vier Millionen Bürger anderer EU-Staaten, die hier leben. Erstmals durften auch Jugendliche ab 16 Jahren teilnehmen.

Die Beteiligung an der Europawahl in Deutschland könnte so hoch gewesen sein wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Laut Hochrechnungen lag sie zwischen 64 und 65 Prozent. Bei der ersten gesamtdeutschen EU-Wahl 1994 betrug die Beteiligung genau 60 Prozent, bei späteren Abstimmungen nur zwischen 40 und 50 Prozent. Vor fünf Jahren hatten 61,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.